Der Künstler und Grafiker Wolfgang Schmidt (* 24. Juli 1929; † 8. März 1995) begann 1972 mit der Gestaltung seines individuellen Zeichensystems: Den Lebenszeichen. Bis 1979 waren von den geplanten 893 Zeichen 262 fertiggestellt, in Kombination miteinander ergeben sich aus ihnen über 394 Variationen. [...] Die Ausstellung "all the things you are." geht diesem Katalog nach und zeigt neben originalen Drucken, auch eine Auswahl an Manuskripten und Plänen. [...] Die Exponate in der Ausstellung werden durch neu entstandene Arbeiten ergänzt, welche die durch Schmidts Zeichensystem aufgeworfenen Fragen nach Identität, Emotion und Kommunikation aufgreifen.
Beschreibung (en)
The artist and graphic designer Wolfgang Schmidt (* July 24, 1929; † March 8, 1995) began designing his individual sign system in 1972: the signs of life. By 1979, 262 of the planned 893 signs had been completed; in combination with each other, they resulted in over 394 variations. [...] The exhibition "all the things you are." explores this catalog and shows original prints as well as a selection of manuscripts and plans. [...] The exhibits in the exhibition are supplemented by newly created works that address the questions of identity, emotion and communication raised by Schmidt's system of signs.
Digitalisierung der Lebenszeichen:
Massimiliano Audretsch, Jona Dienst, Rana Karan & Alper Kazokoglu, Victoria Langmann, Yannick Nuss, Felix Plachtzik, Bernadeta Rimutyte
Gestaltung der Lebenszeichen Hoodies:
Janina Capelle und Hanna Scherwinski
Leihgaben: Anke Schabacker, Inez Franksen, INTeF Darmstadt
Sponsoring und Unterstützung:
Stiftung Landesbank Baden-Württemberg
Kulturbüro Karlsruhe
AStA der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
Badischer Kunstverein
DUSS Maschinenfabrik
Leitner Ausstellungssysteme
Der HOCHHAUS Audiowalk führt die Teilnehmer*innen an spezifische Orte des Hochhauses der Kaiserallee 15 in Karlsruhe und lässt das Gebäude zum Hauptakteur werden. In neun Audiotracks werden collageartig Texte aus verschiedenen Perspektiven verarbeitet.
Beschreibung (en)
The HOCHHAUS audio walk takes participants to specific locations in the high-rise building at Kaiserallee 15 in Karlsruhe, making the building the main protagonist. In nine audio tracks, texts from different perspectives are collaged together.
Referenzen:
J.G. Ballard: Hochhaus
EWG Wohnzentrum Kaiserallee Informationsprospekt von 1968
Interviews mit Bewohner*innen der Kaiserallee 15
Interview mit Hausmeister der Kaiserallee 15
George Perec: Träume von Räumen
Gezeiten sind dem Zyklus von Sonne, Erde und Mond unterworfen. Sie sind die Bewegung der Wassermassen des Ozeans, die an den Küsten als periodisches Ansteigen und Absinken des Meeresspiegels in Erscheinung tritt. [...] Gezeiten als Daseinsmetapher umreißen das fortlaufende Ausbalancieren von Kommen und Gehen, Anziehen und Abstoßen, Sich zeigen und entziehen. [...] "Tide" überträgt dieses Verständnis der Gezeiten in eine kontinuierliche, non-lineare Bewegung im Ausstellungsraum.
Beschreibung (en)
Tides are subject to the cycle of the sun, earth and moon. They are the movement of the water masses of the ocean, which appears on the coasts as a periodic rise and fall of the sea level. [...] Tides as a metaphor for existence outline the continuous balancing of coming and going, attracting and repelling, showing and withdrawing. [...] "Tide" translates this understanding of the tides into a continuous, non-linear movement in the exhibition space.
In "a staged performance at a place no longer quiet" werden fünf klischeehafte Figuren durch Animation zum Leben erweckt und durch Requisiten in der physischen Welt mit Körpern ausgestattet. Anstatt eine Handlung zu entwickeln, bleiben sie in ihren Monologen stecken und reflektieren über ihre zugewiesenen Rollen. Die Figuren warten auf den Moment, in dem die Geschichte beginnen soll. Da das Stück jedoch nie beginnt und die klassische Struktur einer Aufführung auseinanderfällt, können die Figuren nicht in einen Dialog miteinander treten, sondern nur für sich selbst sprechen. Jeder verkörpert individuell seine Rolle und die vielen Geschichten, die mit ihm erzählt wurden. In den Rissen zwischen den Fragmenten, aus denen sie bestehen, geben alle fünf Figuren einen Einblick, wie wir Geschichten konstruieren und Zeichnungen zum Leben erwecken.
Beschreibung (en)
In "a staged performance at a place no longer quiet", five cliché characters are brought to life through animation and given bodies through props in the physical world. Instead of developing a plot, they remain stuck in their monologues and reflect on their assigned roles. The characters wait for the moment of a story to begin. However, as the play never begins and the classical structure of a performance falls apart, the characters cannot enter into a dialogue with each other, but only speak for themselves. Each one embodies their role individually and the many stories that have been told with them. In the cracks between the fragments of which they are made, all five characters provide an insight into how we construct stories and bring drawings to life.
WWWE ist eine 40-minütige, performative Wrestlingshow im öffentlichen Raum. Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen, deren Crew, eine Band* und eine Moderatorin, die sich gemeinsam mit dem Publikum im Wrestling ausprobieren und die gesellschaftliche Tabuisierung von wütenden Frauen im Ring verhandeln. Wie im Schaukampf üblich, sind die Handlungsabläufe teilweise improvisiert und werden mit Showelementen und Storylines angereichert.
Beschreibung (en)
WWWE is a 40-minute performative wrestling show in public space. The focus is on two women, their crew, a band* and a presenter who try their hand at wrestling together with the audience and negotiate the social taboo of angry women in the ring. As is usual in exhibition wrestling, the action is partly improvised and enriched with show elements and storylines.
„Infanterie, Cavallerie, Artillerie“ statt „Liberté, égalite, fraternité“: Das Komische als Kampfmittel in Karl Marx' "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte"
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Titel
„Infanterie, Cavallerie, Artillerie“ statt „Liberté, égalite, fraternité“: Das Komische als Kampfmittel in Karl Marx' "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte"
Im Aufsatz „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“, welcher von Karl Marx im Kontext der politischen Unruhen des neunzehnten Jahrhunderts geschrieben wurde, ergründet dieser nicht nur den Aufstieg Louis Bonapartes zur Macht, sondern verwebt auch auf subtile Weise seinen charakteristisch analytischen Ansatz mit einem bemerkenswerten Sinn für Komik und raffinierte stilistische Nuancen.
So ist diese Magisterarbeit einer eingehenden Untersuchung der Rolle des Komischen und des Stils in Marx' „Achtzehnten Brumaire“ gewidmet, mit besonderem Augenmerk auf die Art und Weise, in der diese Elemente nicht nur zur kritischen Analyse beitragen, sondern das Werk auch in eine sinnvolle literarische Form bringen.
Es soll untersucht werden, auf welche Weise das Komische bei Marx eine Strategie sein könnte, um nicht nur seine Argumente zu untermauern, sondern auch, um als eine Art ‚Kampfmittel‘ in der politischen Landschaft zu fungieren. Mithilfe der Untersuchung des Zusammenspiels von politischer Analyse, komödiantischen Elementen und individuellem Stil im „Achtzehnten Brumaire“ ist es das Ziel dieser Arbeit, die tiefere Beziehung zwischen politischer Literatur und literarischer Form zu erfassen. Indem die Facetten des Komischen und des Marx'schen Stils beleuchtet werden, wird diese Magisterarbeit dazu beitragen, ein umfassenderes Verständnis für die Komplexität und Relevanz des „Achtzehnten Brumaire“ zu entwickeln.
In the essay “The Eighteenth Brumaire of Louis Bonaparte”, written by Karl Marx in the context of the political turmoil of the nineteenth century, he not only explores Louis Bonaparte's rise to power but also subtly interweaves his characteristically analytical approach with a remarkable sense of comedy and refined stylistic nuance.
Thus, this master thesis is dedicated to an in-depth examination of the role of comedy and style in Marx's “Eighteenth Brumaire”, with particular attention to how these elements not only contribute to critical analysis but also give the work a meaningful literary form.
It will examine how the comic might be a strategy for Marx not only to support his arguments but also to function as a kind of 'means of struggle' in the political landscape. By examining the interplay of political analysis, comedic elements, and individual style in the “Eighteenth Brumaire”, this thesis aims to grasp the deeper relationship between political literature and literary form. By highlighting the facets of comedy and Marx's style, this thesis will help to develop a more comprehensive understanding of the complexity and relevance of the “Eighteenth Brumaire”.
„Infanterie, Cavallerie, Artillerie“ statt „Liberté, égalite, fraternité“: Das Komische als Kampfmittel in Karl Marx' "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte"
"Disparate Precedents of Display" untersucht die Art und Weise, wie der Raum auf die Besucher wirkt, und stellt Ausstellungsdesign als eine genuin politische Praxis dar, die auf der Vergangenheit aufbaut und von ihr erbt - von vergangenen Ausstellungen, einflussreichen Ausstellungsgestalter*innen und Konventionen der Präsentation, die in unterschiedlichen politischen Systemen wurzeln.
Zwei Ausstellungen, die vom deutschen Staat in Auftrag gegeben wurden, dienen als Fallstudien. "Gebt mir vier Jahre Zeit" war eine nationalsozialistische Propagandaschau, die 1937 in Berlin stattfand. Sie feierte die Umgestaltung aller Bereiche der Gesellschaft unter der nationalsozialistischen Herrschaft seit der Umsetzung von Adolf Hitlers Vierjahresplan. Einundzwanzig Jahre später beauftragte die Bundesrepublik Deutschland denselben Architekten mit der Gestaltung des deutschen Pavillons auf der Expo '58 in Brüssel. Auf der Weltausstellung hatte der junge Nachfolgestaat zum ersten Mal die Gelegenheit, die kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Parameter des nunmehr demokratischen Deutschlands auf internationaler Ebene zu präsentieren. Beide Ausstellungen lassen sich als Repräsentationen staatlicher Macht und politischer Narrative beschreiben - die eine im Namen des Krieges, die andere im Namen der Humanität. Maßgeblich beteiligt an beiden Ausstellungen war Egon Eiermann als Ausstellungsarchitekt.
Performance: Anna K. Seidel
Outside Eye: Caroline Kapp, Manon Haase
Graphikdesign: Mona Mayer
Single line font EE_7475: Barbara Acevedo Strange, Moritz Appich
Coding: Frank Bublitz
Stimme: Liv Rahel Schwenk
Aufzeichnung: Florian Wulff
Video Dokumentation: Mustafa Emin Büyükcoşkun
Photographien: Lizzy Ellbrück
Editorial support: Joyce Moore
Copyediting: George MacBeth
Special Thanks to
Céline Condorelli, Hanne König, Sami Khatib, Lioudmila Voropai,
Julian Warner, Thomas Rustemeyer, Constanze Fischbeck,
Susanne Kriemann, Hans D. Christ und Iris Dressler, Judith Milz,
Christian Becker (Stadtarchiv Oranienburg), Mechthild Ebert (saai),
Janina Capelle, Lydia Kähny, Daniel Lythgoe, Tjark Schönfeld,
Alexander Knoppik, Lena Breitmoser, Sören Göbel, Jule Köpke, Arthur Schuman,
Jana Barthel and Danny Klein.
Gefördert von
Fonds Darstellende Künste (Rechercheförderung)
Rosa Luxemburg Stiftung Baden Württemberg
"Disparate Precedents of Display" looks at the way space affects visitors, exposing exhibition design as a genuinely political practice, building on and inheriting from the past – from past exhibitions, influential exhibition designers and conventions of display rooted in disparate political systems.
Two exhibitions, commissioned by the German state, serve as case studies. “Gebt mir vier Jahre Zeit” was a National Socialist propaganda show staged in Berlin in 1937. It celebrated the transformation of all sectors of society under National Socialist rule since the implementation of Adolf Hitlers 4-year-plan. Twenty-one years later, the Federal Republic of Germany commissioned the same architect to design the German Pavilion at the Expo ‘58 in Brussels. At the World‘s Fair the young successor state had its first opportunity to present the cultural, economic and political parameters of a now democratic Germany on an international scale. Both shows can be described as representations of state power and political narratives – one in the name of war and one in the name of humanity. Significant contributor to both exhibitions was Egon Eiermann in his role as exhibition architect.
Performance: Anna K. Seidel
Outside Eye: Caroline Kapp, Manon Haase
Graphic Design: Mona Mayer
Single line font EE_7475: Barbara Acevedo Strange, Moritz Appich
Coding: Frank Bublitz
Voice: Liv Rahel Schwenk
Recording: Florian Wulff
Video documentation: Mustafa Emin Büyükcoşkun
Photography: Lizzy Ellbrück
Editorial support: Joyce Moore
Copyediting: George MacBeth
Special Thanks to
Céline Condorelli, Hanne König, Sami Khatib, Lioudmila Voropai,
Julian Warner, Thomas Rustemeyer, Constanze Fischbeck,
Susanne Kriemann, Hans D. Christ und Iris Dressler, Judith Milz,
Christian Becker (Stadtarchiv Oranienburg), Mechthild Ebert (saai),
Janina Capelle, Lydia Kähny, Daniel Lythgoe, Tjark Schönfeld,
Alexander Knoppik, Lena Breitmoser, Sören Göbel, Jule Köpke, Arthur Schuman,
Jana Barthel and Danny Klein.
Funded by
Fonds Darstellende Künste (Rechercheförderung)
Rosa Luxemburg Stiftung Baden Württemberg
Unsere Bewegungen können wie eine Performance begriffen werden, wie etwas Flüchtiges, das nur im Moment existiert und nach der Vollendung weder sichtbar noch fassbar ist. Nur die Erinnerungen an das Erlebte bleiben als Spuren der Bewegung in unserem Geist erhalten. Path Tiles nutzt GPS-Daten, um diese besonderen Momente individueller Erfahrung einzufangen und in Form von Mustern in die physische Welt des sicht- und tastbaren Textils zu übertragen. Es entsteht eine tiefe Bindung zwischen Mensch und Objekt.
Jedes Muster steht für eine Reise, für eine Erfahrung. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Spaziergang in der Natur, eine Reise in ein fernes Land oder einen wiederkehrenden Weg des Alltags handelt. Die daraus entstehenden Muster erzählen von den Gefühlen und Begegnungen, von dem Gesehenen und dem Erlebten und erinnern uns an das, was uns ausmacht.
Mit der Path Tiles Website habe ich ein Werkzeug entwickelt, um diese Reisen in Form von GPS-Daten in strickbare Muster zu verwandeln. Ich habe die Website so gestaltet, dass die Ästhetik des Musters durch zusätzliche Verschiebung, Verzerrung und Spiegelung individualisiert werden kann. Dies stellt außerdem sicher, dass Menschen mit der gleichen Strecke trotzdem persönliche Muster erstellen können. Das entstandene Muster wird dann in Form eines gestricktes Objekts zum Leben erweckt und wird zur materialisierten persönlichen Erfahrung. Durch die Einbeziehung des Nutzers in den Gestaltungsprozess entsteht eine weitere Ebene der Bindung zwischen Mensch und Objekt.
Für das Diplom habe ich exemplarisch fünf Objekte gestaltet, die mit diesen Mustern personalisiert werden können. Das Design der Objekte konzentriert sich darauf, das Reisen oder das „unterwegs sein“ in verschiedenen Situationen zu erleichtern. In diesem Prozess ist ein Schal mit Taschen, ein Umhang, der gleichzeitig als Decke genutzt werden kann, eine Tasche, die zugleich ein Kissen ist, eine Balaklava mit Ohrenschützern und ein Nackenkissen mit Rückenstütze und Taschen in den verlängerten Seitenteilen entstanden.
Für die finale Herstellung der Objekte haben fünf Personen die GPS-Daten verschiedener Routen verwendet um ihre persönlichen Muster auf der Path Tiles Website zu erstellen. Jedes der Objekte wurde zu einer Person, einer Reise, einem Muster zugeordnet und entsprechend produziert. Die fertigen Objekte sind die materialisierten Erfahrungen und Erinnerungen dieser Menschen.
Begleitend zu dieser Arbeit habe ich mit der Sammlung von Reisen in Form von Geschichten und Mustern begonnen. Hierbei ist ein kleines Booklet entstanden, das die Beiträge von 19 Menschen beinhaltet. Sie alle haben eine Erinnerung von einer Reise in Form von Text und Muster mit mir geteilt.
Movement is like a performance, something momentous becoming invisible and untouchable as soon as it is complete. Only the memories of the experience remain as traces of the movement in our minds. Path Tiles captures these valuable moments of individual experiences and transfers them into the physical world of visible and tactile textiles, creating a deep relationship between person and object.
Each pattern represents a journey, an experience. It doesn't matter whether it's a walk in nature, a trip to a distant country, or a repeating path in everyday life. The resulting patterns tell of the emotions evoked by landscapes, the lessons learned along the way and the power of the journey to shape our lives.
With the Path Tiles website, I have developed a tool to transform these journeys into knitable patterns using GPS data. I designed the website so that the aesthetics of the pattern can be individualized through shifting, distorting, and mirroring. This ensures that even people with the same route can create personal patterns. The resulting pattern is then brought to life in the form of a knitted object, becoming a materialized personal experience. By involving the user in the design process, an additional layer of connection between person and object is created.
For my diploma, I have designed five objects that can be personalized with these patterns. The design of these objects focuses on making travelling or being "on the go" more comfortable. This process has resulted in the creation of a scarf with pockets, a cape that can also be used as a blanket, a bag that doubles as a pillow, a balaclava with ear cushions, and a neck pillow with back support and pockets in the extended side parts.
For the final production of the objects, five people used the GPS data of different routes to create their personal patterns on the Path Tiles website. Each of the objects was assigned to a person, a journey, a pattern, and then produced accordingly. The finished objects are the materialized experiences and memories of these people.
Accompanying this work, I have started collecting journeys in the form of stories and patterns. This resulted in a small booklet that includes contributions from 19 people. They all shared a memory of a journey in the form of text and pattern with me.
Würde man den Künstler danach fragen, würde er einem vermutlich die gleiche Auskunft geben, daher nehme ich an, dass auch ich alles Folgende sagen darf: Felix Buchholz hat in der Gellertstraße 14, einer alten Fabrikantenvilla in der Karlsruher Weststadt, im Juli 2018, die Wohnung seiner verstorbenen Großmutter rekonstruiert. Die Wände und Decken dieser Rekonstruktion bestehen aus zusammengenähten Stoffen aus ebenjener Wohnung, die an einem nicht sichtbaren Hängekonstrukt angebracht sind. Man betritt die „Wohnung“, die Installation, per Konzept alleine, ohne Schuhe und solange man will. Als ich sie betrete, weiß ich, dass Felix Buchholz die einzige Person war, zu der seine Großmutter überhaupt noch Kontakt hatte vor ihrem Tod, er hat mir erzählt, wie ihre gemeinsamen Treffen verlaufen sind, was sie dann taten, wie es in ihrer Wohnung aussah, die sie zuletzt eigentlich kaum mehr verließ, was er über ihr Leben wusste, ihre Eigenheiten und Ansichten, und was das mit seinem Vater, seiner Mutter und seiner eigenen Biografie zu tun hatte. Ich wusste, dass er eines Tages zu einem, wie immer, per Postkarte angekündigten Besuch vorbeikommen wollte und sie zum ersten Mal nicht öffnete, und dass, als die Polizei ihm ein paar Stunden später die Tür aufbrach, sich herausstellte, dass das nicht zum ersten Mal passierte, sondern bereits einige Tage zuvor das Gleiche passiert war, auf Anruf der Nachbarn hin, wegen des Geruchs. Und dass sie nur zwei Tage zuvor, vor seinem Besuch, alleine beerdigt worden sei. Von ihrer eigenen Beerdigung hatte sie eine genaue Vorstellung, die sie mit Felix abgesprochen hatte. So ist es unweit mehr als eine verpasste Chance, ein Abschiedsritual, bei dem allen voran Felix Buchholz nicht Abschied nehmen konnte.
Als ich die Installation betrete, habe ich im Nacken, die Vorstellung ebenjener Person und so mein ich dann manchmal mich umdrehen zu müssen, obwohl ich weiß, dass ich allein in der Stoffwohnung bin. Ich geh ins Wohn-/Schlafzimmer, dort steht, zentral, ein Bett, ein Sarg, eine Totenaufbahrung, in die man sich legen kann, oder soll, oder man soll sich zumindest fragen ob man sich hineinlegen soll oder eben nicht. Oben drauf ist Lavendel gepflanzt, Stoffe, Motten, Lavendel, und als ich mich hinlege gehen drinnen im Sarkophag hinter Stoff verkleidete Leuchtstoffröhren an, sie klicken und brummen, und ich erschrecke mich zu Tode. Ein bisschen ist das jetzt wie auf dem Seziertisch zu liegen, aber es ist auch nicht so unangenehm, dass ich sofort wieder gehen möchte. Beobachtet komme ich mir noch immer vor, so, als ob ich durch die von außen beleuchteten dünnen Stoffwände von dem Künstler, also Felix Buchholz, vielleicht beobachtet werden würde.
Deutungshoheit zu haben ist ein genuin künstlerisches Moment, nur, je mehr eine Geschichte den Anspruch auf eine individuelle Erfahrung, oder Authentizität hat, desto schleichender kommt die Einsicht, dass mit dem angenommenen Tod seiner Großmutter Felix in jeglichen Sinne zu ihrem Alleinerben geworden ist, zur Deutungshoheit auch über ihr Leben, und so zelebriert er hier eine zweite Totenwache. Im Bad geht ein Fön an, ich denke, aha, es ist doch jemand zweites hier, vorher erschrecke ich zu Tode durch das Geräusch, das mich aus meiner arglosen Haltung, der kontemplativen Situation reist. Ich schleiche mich ins Bad, wo einige Föns von der Decke hängen, die jetzt wild im Raum hin- und herschlackern, vom Rückstoß des Föndrucks, der aus dem Nichts gekommen sein muss. Im Flur, der auch, weiß ich, hat er mir erzählt, als Küche genutzt wurde, gibt es ein kleines Stoffloch, eine Höhle für den Kopf in der Wand, eine Aufforderung sich auf den Rücken zu legen und das darin laufende Video über sich anzusehen, von der originalen, nur leergeräumten Wohnung, während Felix die Wohnung beschreibt. Während ich da liege und meine Füße, abgetrennt von meinem Kopf aufgestellt in dem Flur seiner verstorbenen Großmutter liegen, denke ich, wenn sie das sehen könnte, das wäre eine sehr schöne One Minute Sculpture. Also, ich werde das Gefühl nicht los, man beobachtet mich.
35qm sind es insgesamt, einmal geh ich noch durch die Wohnung, auf dem Weg nach draußen ziehe ich meine Schuhe wieder an, ihre stehen noch immer fein aufgereiht da. Im Foyer der Gellertstraße 14, in dem man sich jetzt wieder befindet, findet man auf dem dort an der Treppe angebrachten Lift liegt ein bedrucktes Handtuch liegen, bedruckt mit einem Foto der Frau, die Felix Großmutter ist. Sie hat ein Kleidungsstück mit Leoprint an und sieht sehr schick aus damit, ein bisschen makaber ist das schon, sie liegt da so flach auf dem Treppenlift, sieht aber ganz zufrieden dabei aus. Daneben findet sich am Boden so eine Art Schrein, und über all dem hängt eine schwarze Flagge, eben, Totenwache. Und Felix, der Totenwächter?, weil, was man nicht vergessen darf, niemand hat sich die Ausstellung angesehen, ohne, dass er die Haustür geöffnet hat, und ohne, dass er wieder da war, wenn man rauskam. Wenn man dann mit ihm gesprochen hat, haben drinnen die Föns immer noch weitergeturnt von Zeit zu Zeit und vielleicht hat er einem dann erst mal ein Glas Leitungswasser angeboten.
Die Arbeit "Querschnitte des anthropogenen Lagers" setzt sich konzeptionell und praktisch mit der Wiederverwendung von Bauschutt auseinander.
Ein Großteil des in Deutschland aufkommenden Abfalls entsteht im Bausektor in Form von mineralischem Bauschutt und wird meist nur in abgewerteter Form wieder in den Kreislauf eingebracht.
Durch das Besuchen verschiedener Baustellen und Deponien, das Dokumentieren, Sammeln, Sortieren, und Fotografieren der vorgefundenen Materialien und Formen, wurden die noch vorhandenen formalen und optischen Qualitäten des anfallenden Materials analysiert, ergründet und Konzepte entwickelt, wie diese wieder im gleichen Bereich ihres Ursprungs Verwendung finden können.
Dabei wurden durch Querschnitte durch das Material die schon vorhandenen Qualitäten, wie die zylindrische Form von Bohrkernen oder die Terrazzo-Optik im Inneren von Betonbrocken, zum Vorschein gebracht, betont und in einen nutzbaren Kontext gesetzt. Die entstandenen Materialscheiben können durch verschiedene Verbindungstechniken als architektonische Halbzeuge genutzt und in Wandpaneele, Fliesen oder Fassadenelemente eingebracht werden.
The work "Cross-sections of the anthropogenic material stock" deals conceptually and practically with the reuse of construction waste.
A large part of the waste generated in Germany is produced in the construction sector in the form of mineral building rubble and is usually only recycled in a downgraded form.
By visiting various construction sites and landfills, documenting, collecting, sorting and photographing the materials and shapes found, the remaining formal and visual qualities of the accumulated material were analysed, explored and concepts were developed on how they could be reused in the same area of their origin.
The existing qualities, such as the cylindrical shape of drill cores or the terrazzo look inside chunks of concrete, were brought to light, emphasised and placed in a usable context by making cross-sections through the material. The resulting material discs can be used as architectural semi-finis.
Was passiert, wenn Individuen in engen, geschlossenen Räumen mit kaum persönlicher, sondern standardisierter, fest verankerter, textilloser Ausstattung leben, in denen sie einer permanenten Überwachung und Kontrolle sowie streng geregelten Tagesabläufen ausgesetzt sind?
Mascha Dilger untersucht die Parameter sanktionierender Räume: Besuche in unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten und Interviews mit ehemaligen Inhaftierten werden in der Rauminstallation 7qm - Innen(an)sichten verarbeitet. Realitäten eines vor der Gesellschaft verborgenen und von ihr verdrängten Ortes werden offengelegt.
Die Arbeit beleuchtet, wie aus einem fremdbestimmten, rasterartigen Alltag einer totalen Institution, Versuche der geistigen Flucht und der Selbstbestimmtheit hervorgehen können. Es werden ortsspezifische und subkulturelle Erscheinungsformen betrachtet, die als Überlebensstrategien zu verstehen sind.
Beschreibung (en)
What happens when individuals live in narrow, confined spaces with hardly any personal but standardized, firmly anchored, textile-less furnishings, in which they are exposed to permanent surveillance and control as well as strictly regulated daily routines?
Mascha Dilger investigates the parameters of sanctioning spaces: visits to various prisons and interviews with former inmates are processed in the spatial installation "7qm - Innen(an)sichten". Realities of a place hidden from society are revealed.
The work illuminates how attempts of mental escape and self-determination can emerge from the grid-like everyday life of a total institution. Site-specific and subcultural manifestations are considered, which are to be understood as survival strategies.